Österreichischer Musikmarkt


11% Plus am österreichischen Musikmarkt 2021

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Recorded Music bei Gesamtumsatz von 190,4 Millionen Euro weiter auf Wachstumskurs. Streaming steigt um 26,5% auf 117,4 Millionen Euro – 12,7 Milliarden Songs gestreamt. Vinyl-Boom hält weiter an – Umsatz überschreitet 10 Millionen Euro Schwelle. Neue Chancen und höhere Risiken für heimische Musikproduktionen am Digitalmarkt.

Positiver Gesamttrend im zweiten Corona-Jahr

Das zweite Corona-Jahr 2021 war geprägt von stark wachsenden Streaming-Umsätzen, einem weiter anhaltenden Vinyl-Boom und dem neuerlichen Anstieg beim Musikkonsum. Während Konzerte, Festivals, Clubs und der gesamte Livebetrieb vor enormen Herausforderungen stehen, erwies sich vor allem der digitale Vertrieb von Musik als vergleichsweise krisenfest. Insgesamt 190,4 Millionen Euro haben Musikfans in Österreich 2021 für digitale und physische Musikformate ausgegeben – ein Plus von 11% gegenüber 2020. Damit legte der österreichische Musikmarkt zum fünften Mal in Folge zu.

Streaming-Services konnten sich als mit Abstand beliebteste Form des Musikkonsums durchsetzen und erzielten wieder ein starkes Umsatzplus von 26,5% auf 117,4 Millionen Euro. Vinyl-Schallplatten knackten mit einem Zuwachs von 12% die 10 Millionen Euro Grenze, Musik-CDs gaben um 19,5% auf 24,5 Millionen Euro Umsatz nach und die Lizenzeinnahmen der Verwertungsgesellschaft LSG blieben trotz nachwirkender Corona-Einschränkungen bei 27,4 Millionen Euro stabil (+ 1,1%). Downloads steuerten 4,9 Millionen Euro (-24,7%) und Musik-DVDs zwei Millionen Euro (-19,5%) zum Gesamtumsatz bei. Weitere rund 3,5 Millionen Euro (-12,5%) entfielen auf Merchandising-Umsätze sowie auf die Lizenzierung von Musik für Filme, Serien oder Werbung (Synch-Rechte).

Dietmar Lienbacher, Managing Director Sony Music Austria und Präsident des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft: „Die Streaming-Erfolgsstory setzt sich fort, Musikfans haben heute eine größere Auswahl als je zuvor – zu einem großartigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Für Künstler:innen ergeben sich dadurch neue Chancen, aber auch große Herausforderungen im globalen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Musikfans. Die Kosten und das wirtschaftliche Risiko für die internationale Vermarktung steigen vor allem für heimische Acts enorm. Wir Labels setzen als professionelle Partner der Musikschaffenden alles daran, Künstler:innenkarrieren in diesem herausfordernden Umfeld weiterzuentwickeln.“

Cornelius Ballin, General Manager Universal Music Austria und Vize-Präsident des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft: „Der österreichische Musikmarkt wächst auch im zweiten Coronajahr und zeigt, dass Musik in Krisenzeiten unverzichtbar ist. Während der Absatz von CDs durch die harten Pandemiemaßnahmen zusätzlich getroffen wurde, hat sich das Musikstreaming weiter positiv entwickelt und ist mittlerweile für 75% der Recorded-Music-Umsätze verantwortlich. Die Schallplatte stemmt sich gegen den negativen Trend im physischen Bereich und wächst um 12% auf 10 Millionen Euro Umsatz.“

Franz Pleterski, General Manager Warner Music Austria und Vorstandsmitglied des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft: „Auch im vergangenen Jahr hatte die Pandemie den Kulturbereich fest im Griff – das Nachtleben und ein Großteil des Livebereiches standen weiterhin still. Doch wir haben gelernt damit umzugehen und sind als Branche mehr denn je zusammengewachsen. Menschen finden neue Wege, um Musik zu entdecken und zu genießen, wodurch ein immer diverseres Netzwerk aus Musik, Künstler:innen und Konsummöglichkeiten entsteht. Die Popkultur wird vielfältiger, globaler und sie wird digitaler – eine Entwicklung, für die wir bereit sind und für die wir uns aktiv engagieren.“

Hannes Tschürtz, Geschäftsführer Ink Music und Vorstandsmitglied des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft: „Die österreichische Musiklandschaft hat in den letzten Jahren auf vielen Ebenen ihre Qualität und ihr Potenzial gezeigt. Aber in einer globalisierten und digitalisierten Welt werden wir eine entschlossene und gezielte Förderungspolitik brauchen, um darin nicht zerrieben zu werden.“

Erfolgsstory von Streaming setzt sich in 2021 fort

Musik-Streaming verzeichnet seit 10 Jahren kontinuierliche Zuwächse bei Userzahlen und Umsätzen. Mit einem neuerlichen dynamischen Umsatzplus von 26,5% auf 117,4 Millionen Euro und einem Anteil von beinahe 75% im Kernbereich der Recorded Music hat sich Streaming längst zum beliebtesten Musikformat und zum wirtschaftlichen Rückgrat der Musikbranche entwickelt. 12,7 Milliarden von österreichischen Musikfans gestreamte Songs markieren einen neuen Rekordwert (+ 21% gegenüber 2020). Der Löwenanteil von 89% des gesamten Streaming-Umsatzes wird über Abo-Dienste wie etwa Spotify, Apple Music, Amazon unlimited oder Deezer erwirtschaftet. Nur sieben Prozent steuern Einnahmen aus Videostreams bei, die hauptsächlich vom weltweit größten Musikstreaming-Dienst   YouTube bezogen werden. Downloads tragen bei rückläufiger Tendenz 4,9 Millionen Euro zum Gesamtumsatz bei.

Vinyl-Schallplatten überschreiten 10 Millionen Euro Schwelle

Der Vinyl-Boom der letzten Jahre setzte sich auch in 2021 dynamisch fort. Die Umsätze mit dem „Kultprodukt“ sind um 12% auf 10,2 Millionen Euro gestiegen. Bereits mehr als 400.000 Vinyl-Scheiben wurden im vergangenen Jahr in Österreich verkauft. Ähnlich hohe Werte konnten zuletzt vor 30 Jahren erzielt werden. Damit kommt das klassische physische Produkt im Digitalzeitalter auf einen beachtlichen Marktanteil von 6,4% und hat sich von einem Nischenprodukt zu einem verlässlichen Marktsegment entwickelt. Mit Schallplatten wird bereits mehr als das Doppelte des Download-Umsatzes erzielt. Österreichische Unternehmen haben den Aufwärtstrend der Schallplatte rechtzeitig erkannt und profitieren heute davon. So ist etwa die in Österreich ansässige Firma Pro-Ject Audio Systems Weltmarktführer bei der Herstellung von Plattenspielern. Aktuell investieren die Unternehmen Austrovinyl und Napalm Records in den Bau eines neuen Schallplattenpresswerks in Österreich, um der international steigenden Nachfrage nach Vinyl-Pressungen nachkommen zu können.

CD kämpft mit Corona-Einschränkungen und reduzierten Flächen im Handel

Mit dem Verkauf von Musik-CDs wurde 2021 ein Umsatz von 24,5 Millionen Euro erzielt, um 19,5% weniger als im Vorjahr. Hier wirken sich die coronabedingten Schließungen und Einschränkungen im stationären Handel unmittelbar dämpfend aus. Hinzu kommt die fortschreitende Reduktion der Regalflächen im Handel und die Konzentration auf Best-Of Produkte, die die optimale Platzierung von aktuellen Neu-Veröffentlichungen und CDs von Newcomern erschweren. Der Anteil des Online-Handels am CD-Verkauf stieg während der Pandemie an und liegt bereits bei rund 60%. Mit einem Marktanteil von 15,4% ist die CD allerdings nach wie vor das zweitbeliebteste Musikformat in Österreich. Genre- und themenabhängig können CD-Veröffentlichungen enorme Nachfrage auslösen. Das aktuelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker mit Daniel Barenboim erreichte etwa als Neueinstieg Platz 1 der offiziellen Alben-Verkaufscharts in Österreich – ein national und international außergewöhnlicher Erfolg eines Klassik-Albums in einer nach Genres offenen Verkaufswertung.

Österreichisches Musikschaffen vor großen Herausforderungen – neue Chancen, aber auch höhere Risiken für heimische Musikproduktionen am Digitalmarkt

Wie schon im Vorjahr litten österreichische Produktionen auch in 2021 stärker unter den Folgen der Corona-Pandemie als das internationale Repertoire. Bei rückläufigen Alben- aber steigenden Single-Umsätzen lag der Anteil österreichischer Album-Produktionen in 2021 bei 18% (Vorjahr: 23%) und der Anteil heimischer Singles bei knapp 5% (Vorjahr: 4%). Österreichische Acts sind überproportional stark auf das Live-Geschäft angewiesen, und zwar sowohl zur Einnahmenerzielung als auch zum Zweck der Vermarktung neuer Veröffentlichungen. Zu den negativen Auswirkungen von Corona zählte daher auch, dass viele für 2021 geplanten Releases verschoben wurden und so die Anzahl der nationalen Veröffentlichungen insgesamt rückläufig war.

Die Coronapandemie und die schrittweise Verlagerung des Musikvertriebs auf digitale und global anbietende Streaming-Plattformen führen generell zu neuen und schwierigeren Herausforderungen für österreichische Musikproduktionen. Zwar öffnet die Digitalisierung heimischen Acts neue Chancen, indem sie Fans ihrer Musik auch international in größerer Anzahl erreichen können. Gleichzeitig steigen aber auch der Wettbewerbsdruck in einem globalen Umfeld, der notwendige Vermarktungsaufwand und damit das wirtschaftliche Risiko enorm an. Bereits erfolgreiche und etablierte heimische Acts verzeichnen steigende Streamingzahlen im Ausland, die sich auch in höheren Abrechnungen an die Künstlerinnen und Künstler auswirken. Aber es wird vor allem aus kleineren Märkten immer schwieriger, das Streaming-Potenzial eines Acts zu heben. Der heutige Digitalmarkt zwingt faktisch zu internationalen und grenzüberschreitenden Konzepten. Hohe Qualität, Unterscheidbarkeit und Originalität in Kreation und Produktion sind ebenso vorausgesetzt wie ein deutlich höheres Budget für Marketing, Vertrieb und Promotion.

Das wirtschaftliche Risiko des an sich bereits risikoreichen Musikgeschäfts steigt dadurch noch einmal an und kann von den kleinteiligen Strukturen der heimischen Musikwirtschaft nicht dauerhaft aufgefangen werden. Zur Sicherung des Musikstandorts Österreich ist deshalb ein maßgeschneidertes und ausreichend dotiertes staatliches Förderinstrument unumgänglich. Ziel ist die nachhaltige Sicherung des heimischen Musikschaffens und der Repertoire-Source Österreich am internationalem Musikmarkt. Die Initiativen Austrozone auf YouTube und die Spotify-Playlist A List – Great New Music from Austria verfolgen das gemeinsame Ziel, neue Releases aus Österreich online zu präsentieren.

LSG-Einnahmen trotz Corona-Einschränkungen stabil

Die LSG ist die gemeinsame Verwertungsgesellschaft der Musikproduzenten und Interpreten und vertritt rund 5.000 Labels und 20.000 Künstlerinnen und Künstler. Sie nimmt als Treuhänderin Vergütungsansprüche für die Sendung, die öffentliche Wiedergabe, die Privatkopie und die Verwendung von Musikaufnahmen in Unterricht und Lehre wahr. Trotz nachwirkender Corona-Einschränkungen blieben die LSG-Einnahmen in 2021 bei 27,4 Millionen Euro stabil (+ 1,1%). Damit steuert die LSG einen gerade in Krisenzeiten wichtigen Beitrag zu den Einnahmen von Labels und Musikschaffenden in Österreich bei.

Labels helfen Labels – Selbsthilfe in der Musikwirtschaft  

Als weitere Corona-Hilfe organisierte die LSG gemeinsam mit dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft in 2021 eine Reihe gezielter Förderaktionen vor allem für kleine und mittlere Labels. Insgesamt wurde mehr als eine Million Euro zur Unterstützung heimischer Labels, Acts und Produktionen bereitgestellt, um die Strukturen der heimischen Musikbranche zu stabilisieren. Die staatlichen Corona-Hilfen haben sich für die klein- und arbeitsteiligen Kreativzellen der Musikbranche als nicht treffsicher genug erwiesen.

Novelle 2021 passt das Urheberrecht den geänderten Anforderungen der Digitalisierung an

Mit der Urheberrechts-Novelle 2021 wurde die EU Copyright-Richtlinie in Österreich umgesetzt. Deklariertes Ziel der Urheberrechtsreform war die Stärkung des kulturellen Ökosystems in Österreich gegenüber den Tech-Giganten, wie YouTube, Google, Facebook oder TikTok. Es ist nunmehr gesetzlich verankert, dass Sharing-Plattformen für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte Lizenzen bezahlen müssen. Trotz teils kontroversieller Standpunkte wurde ein tragfähiger Kompromiss erzielt, dem allerdings die Bewährungsprobe in der Praxis des Online-Marktes noch bevorsteht.

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