Europas Musikschaffende
Wir fordern faire Marktbedingungen im Internet
1.100 KünstlerInnen wenden sich in einem Offenen Brief an die EU-Kommission und fordern faire Marktbedingungen, vor allem durch die Lösung der so genannten „Wertschöpfungslücke“ („value gap“).
Internet-Plattformen, bei denen die User den Content hochladen können (wie etwa YouTube), bezahlen Musikschaffenden, Kreativen und Labels entweder gar keine oder sehr geringe Lizenzen. Künstlerinnen und Künstler wie Lady Gaga, Katy Perry, Debbie Harry, Coldplay, Ed Sheeran, Nikki Sixx, Nelly Furtado und Abba haben den Offenen Brief unterzeichnet. Aus Österreich beteiligen sich folgende Künstlerinnen und Künstler an der Initiative: Conchita, Die Seer, Julian Le Play, Gert Steinbäcker, Left Boy, Turbobier, Vienna Art Orchestra, Nockalm Quintett, Die jungen Zillertaler u.v.a.
Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der Österreichischen Musikwirtschaft: „Im Kern geht es darum, dass vor allem YouTube vom Musikstreaming-Boom massiv profitiert, während Künstler und Labels größtenteils mit geringen Lizenzen abgespeist werden oder ganz leer ausgehen. Dagegen formiert sich nun immer stärkerer Widerstand.“
Gratis-Plattformen wie YouTube generieren durch das Streamen von Musikvideos Milliarden an Werbeumsätzen, geben jedoch nur einen geringen Bruchteil davon an Künstler und Labels weiter, während Abo-Streamingdienste wie Spotify, Deezer oder Apple Music faire Lizenzdeals abschließen. In konkreten Zahlen ausgedrückt: 2015 hatten Spotify & Co knapp 70 Millionen Abonnenten und zahlten für diese User rund zwei Milliarden US$ an die Künstler und Labels. YouTube und ähnliche Gratis-Plattformen hatten mit 900 Millionen deutlich mehr User, bezahlten aber mit 634 Millionen US$ massiv weniger für den Content. Das bedeutet: Im Vergleich zu Spotify hat YouTube 10 Mal höherer Userzahlen und zahlt nur ein Drittel der Lizenzen von Spotify. Wirft man einen Blick auf die Einnahmen pro User, fällt das Ergebnis noch deutlicher aus. Spotify bezahlt 18 US$ pro User und Jahr, bei YouTube ist es weniger als 1 US$. Eine klare Schieflage und nach Meinung vieler Experten auch eine klare Wettbewerbswidrigkeit.
Deutsche Übersetzung des Offenen Briefes an Kommissionspräsident Juncker:
Für eine nachhaltige Zukunft der europäischen Musikbranche
Als Kreative und Musikschaffende aus ganz Europa sind wir zutiefst davon überzeugt, dass Musik einen hohen Wert hat. Musik ist unverzichtbar für die europäische Kultur. Sie bereichert das Leben vieler Menschen, trägt aber auch wesentlich zur europäischen Wirtschaftsleistung bei.
Wir stehen heute vor einem entscheidenden Moment für die Musikbranche. Der Konsum von Musik explodiert. Den Konsumenten steht eine bis dato unvorstellbare Vielfalt an Möglichkeiten offen, um ihre Musik zu jeder Zeit und an jedem Ort ihrer Wahl genießen zu können.
Doch die Zukunft der europäischen Musikbranche ist bedroht – durch die sog. „Wertschöpfungslücke“ („value gap“). Internet-Plattformen, bei denen die User den Content hochladen können (wie etwa Google’s YouTube), gelten die Rechte der Musikschaffenden, Kreativen und Labels entweder gar nicht oder nicht zu fairen Bedingungen ab.
Diese Situation schädigt nicht nur die Musikschaffenden von heute. Sie ist auch eine ernsthafte Gefahr für künftige Generationen europäischer Künstlerinnen und Künstler, vor allem auch für die Vielfalt ihres künstlerischen Schaffens.
Die „Wertschöpfungslücke“ („value gap“) schmälert die Rechte und Einnahmen aller, die Musik schaffen, Rechteinhaber an Musik sind oder in die Produktion von Musik investiert haben. Darüber hinaus wird der Musikmarkt massiv verzerrt.
YouTube und andere sog. „user upload services“ berufen sich – missbräuchlicher Weise – auf Haftungsprivilegien, die vor 20 Jahren eingeführt wurden und für neutrale technische Start-Ups gedacht waren. Heute stützen sich etablierte Konzerne darauf, um sich einer fairen Entlohnung der Musikschaffenden zu entziehen. Gleichzeitig werden aber mit der Verbreitung von Musik hohe Einnahmen erzielt.
Dieser Tage hat die politische Führung der EU die einmalige Gelegenheit, das Problem der sog. „Wertschöpfungslücke“ („value gap“) anzusprechen und zu lösen. Im Rahmen der von der Kommission initiierten Überarbeitung des europäischen Urheberrechts kann die massive Marktverzerrung beseitigt und die richtige Anwendung der Haftungsprivilegien eindeutig geklärt werden.
Wir möchten Sie mit Nachdruck ersuchen, jetzt faire urheberrechtliche Bedingungen für Kreative, Künstler und Rechteinhaber zu schaffen. So können Sie die europäische Musikbranche auch für die nächsten Generationen absichern.
Wir hoffen, gemeinsam mit Ihnen an der Zukunft einer erfolgreichen und vielfältigen europäischen Musikbranche bauen zu können.
Mit freundlichen Grüßen,