Fünf Thesen zu KI und Musikbranche
Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?
Laut Trendforschern sollte 2023 jenes Jahr sein, in dem Künstliche Intelligenz (KI) in den Massenmarkt drängt und intensive Diskussionen rund um das Thema Ersetzbarkeit menschlicher Kreativität durch Maschinen auslöst.
Chat GPT hat dies exemplarisch unter Beweis gestellt. Es schreibt auf Befehl Texte, verfügt über 175 Milliarden Parameter und wurde mit ca. 45 Terabyte bestehender Texte angelernt. Die einen sehen darin einen Segen, weil sich den Kreativen durch KI bislang unbekannte Möglichkeiten des Schaffens eröffnen. Für die anderen ist KI schlicht ein Fluch, zumal kreativ-künstlerische Arbeit durch eine Software ersetzt wird und dadurch zahllose Jobs in den Kreativbranchen verloren gehen. Zudem würde sich die künstlerische Qualität etwa von KI-Musik verschlechtern und jedenfalls an Originalität verlieren. Algorithmen generieren keine originellen Ideen, sondern produzieren Ergebnisse, die den verwendeten Vorlagen ähnlich sind. Außerdem stellen sich Fragen, wie die Ergebnisse von KI urheberrechtlich einzuordnen sind, wie Konsumenten vor KI-Täuschungen geschützt oder ein fairer Wettbewerb gewahrt werden können.
Musik wird unmittelbar von generativer KI betroffen sein – und ist es eigentlich schon heute. Die Diskussion rund um mögliche Folgen maschineller Kreationen – nicht nur das Schöpferische auch das Reproduzierende kann ersetzt werden – und die Notwendigkeit gesetzlicher Rahmenbedingungen wird uns sicher noch viele Jahre begleiten. Die EU will mit dem aktuell verhandelten „Artificial Intelligence Akt“ globale Maßstäbe setzen und auch das U.S. Copyright Office hat KI zur Top-Priorität für 2023 erklärt.
Aus Sicht der Musikwirtschaft sollten folgende fünf Thesen beachtet werden:
1. Von Menschen, mit Menschen für Menschen geschaffene, interpretierte und produzierte Musik – also das Original – sollte immer einen kulturellen, rechtlichen und wirtschaftlichen Mehrwert haben.
2. Kreative aus der Musikbranche machen sich seit jeher unterschiedliche Technologien zu Nutze – vom Synthesizer über drum machines und beat libraries bis zu digitalen Studiotechnologien. Auch KI kann und soll Kreativen helfen und sie in ihrem Schaffensprozess unterstützen.
3. KI kann nur so gut sein wie die unüberschaubare Vielzahl von Originalen, mit denen die Software gefüttert wird. Der Input geschützter Songs zum Anlernen von KI bedarf einer klaren Autorisierung und vertraglichen Lizenzierung durch die Rechteinhaber. Gesetzliche Ausnahmen vom Urheberrecht zugunsten von KI – so genannte Schrankenregelungen – entziehen den Kreativen die Kontrolle über ihre Werke und sind strikt abzulehnen.
4. Das Urheberrecht sollte weiterhin nur menschliche Kreativität schützen – nicht auch maschinell erzeugte Kreationen.
5. KI-Anbieter müssen hohe Standards an Vertrauenswürdigkeit und Transparenz erfüllen. Dazu zählen jedenfalls die Offenlegung von Algorithmen sowie die Identifikation und Dokumentation jener Originale, die in KI-Prozessen verwendet werden.
Die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen für KI ist wesentlich sowohl für die Dynamik von KI-Entwicklungen als auch für die Zukunft der originären Kreativbranchen. KI ist definitiv ein globales Thema und keines für nationale Gesetzgebungen. KI-Musik Start-ups sind aktuell in der Lage, sehr hohe Summen von Investoren einzusammeln und Experten weisen darauf hin, dass es für KI keine technischen Grenzen gibt – nur gesetzliche und ethische. Die Zeit läuft …